Als Nick Ervinck mich zu der Ausstellung Sculptural II einlud, musste ich nicht lange zögern. Der Veranstaltungsort: eine entweihte Kirche. Der Vorschlag: das Werk Lamb of God / Self-Portrait 50, nach Van Eyckin der Mitte des Altars. Man sagt manchmal, dass Kunst überraschen soll, aber in diesem Fall war es eher so, als hätte das Werk seinen Platz bereits reserviert.
Der Kontext ist alles. Diese Wahrheit habe ich bereits in Italien gelernt, wo die Menschen einen Espresso trinken, als würden sie eine Messe feiern. Dort habe ich gelernt, dass Rituale wichtig sind, auch – und vielleicht besonders – wenn man nicht mehr weiß, wofür sie da sind. Sie bilden eine Art Kleiderständer für die Seele.
Und so habe ich das Lamm Gottes auf diesen Altar gelegt. Das hört sich einfacher an, als es war, denn man legt ein Lamm nicht achtlos auf einen Altar – schon gar nicht, wenn es die Sünden der Welt symbolisiert. Das Lamm schaut Sie an, höflich, aber nicht ohne Urteilsvermögen. Links neben dem Lamm, in einer Nische, ein neues Werk: Hands of God. Kein ganzer Gott, nur eine Hand – was in diesen Zeiten auch recht beruhigend ist.
Unter dem Lamm steht in lateinischen Buchstaben Ecce Agnus Dei, qui tollit peccata mundi. “Seht das Lamm Gottes, das die Sünden der Welt wegnimmt”. Ein Satz, der wie ein Echo aus einem anderen Jahrhundert klingt und – seltsamerweise – in dieser säkularisierten Umgebung lauter klingt als in einer Kathedrale voller Weihrauch und gregorianischer Gesänge.
Das Lamm ist ohne Messe, ohne Chor, ohne Weihrauch, nur ein Wesen, das fragend schaut. Kann es noch einen Neuanfang geben, ohne zuerst etwas aufzugeben? Vielleicht liegt es an der Bereitschaft zum persönlichen Opfer, an der Bereitschaft, verletzlich zu sein.
Für diesen Raum – diese Gelegenheit – danke ich Nick Ervinck und seinem Team. Sie haben mir einen Altar angeboten, und das ist heutzutage eine ganze Menge.
Sculptural II ’25 – Datum: 29/06/2025 – 31/08/2025
mit Willem Boel, Folkert De Jong, Nick Ervinck, Joke Raes, Anne Wenzel
Kurator: Nick Ervinck
Jonkvrouwe Gelaplein, Sint-Pieters-Kapelle (Middelkerke)
In Zusammenarbeit mit NQ Gallery, Antwerpen
Eröffnung: 10. August 2025, mit denselben Künstlern